Federbach Festspiele e. V.
Hemingway: Der alte Mann und das Meer
Manuela Behrendt schrieb am 27. September 2022 im Badischen Tagblatt
Publikum vom Geschehen gefesselt
Kleinkunstbühne Klamotte Würmersheim: Premiere "Der alte Mann und das Meer" als Bühnenadaption
Am Samstag feierte der Dramaturg und Regisseur Dieter Baldo die Uraufführung seiner für die Bühne neu strukturierten Version der weltberühmten Hemingway-Novelle "Der alte Mann und das Meer" in der "Kleinen Klamotte" in Würmersheim. 70 Minuten lang ließen sich 30 Gäste von den Geschehnissen in der spärlich eingerichteten Hütte des Fischers Santiago atemlos fesseln. Mit dem Verblassen des
Scheinwerferlichts am Ende ertönten erste Bravo-Rufe, die sich während des minutenlang anhaltenden Beifalls fortsetzten.
Die letzten Vorstellungen sind am 8. und 9. Oktober zu sehen. Samstags beginnen sie um 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr.
- Worum geht es in dem Stück?
Santiago bestreitet in Kuba seinen Lebensunterhalt vom Fischfang. Von einer Pechsträhne verfolgt, bringt er seit 84 Tagen keine vollen Netze heim. Als er allein auf See endlich einen riesigen Blauen Marlin am Haken hat, macht es ihm die Beute unendlich schwer, fällt nach langem Kampf mit dem Fischer einem gefräßigen Haischwarm zum Opfer.
Santiago kehrt ans Festland zurück, schleppt sich erschöpft auf das Bett in seiner Hütte. Dort geht der kleine Manolin ein und aus. Seit dieser fünf Jahre alt ist, begleitet er Santiago als Helfer beim Fang. Manolin vergöttert den alten Mann im Stillen, kümmert sich jetzt rührend, sorgt für Essen, lenkt ihn mit Fachsimpelei über Baseball ab, stellt sicher, dass Santiago zur Ruhe kommt, neue Kräfte sammelt und vergisst. Mit Hingabe führt Manolin den Fischer zurück zu Lebensfreude.
- Was ist neu an Baldos Bühnenadaption?
Ohne Boot, aber mit einem Fenster mit spektakulärem Blick aufs Meer (Bühnenbild: Klaus Grocholl) als inhaltliche Verbindung stattet der Dramaturg die Geschichte aus. Der ausgelaugte Fischer durchlebt
durchweg auf der Matratze zu Hause ruhelos den glücklosen Fang.
Außerdem webt Baldo in Hörspielform Flashbacks und zusätzliche Dialoge ein. Das Maß zwischen Live-Darstellung und Einspielern ist sorgfältig dosiert. Per Tonaufnahme beschallen die Sprechenden das
Publikum allein mit stimmlicher Palette und Akzentuierung, triggern Bilder in den Köpfen der Gäste. Baldo hebt das Stück in einen Dimensionenmix von passivem Zuschauen und aktiver Illusionsfreisetzung. Aus diesem handwerklichen Duett resultiert ein spannendes, mitunter beklemmendes, imponierendes und dichtes Kammerspiel.
- Wer macht bei der Premiere mit?
Michael Casper-Müller spielt Santiago mit bühnenfüllender, magnetisierender Präsenz, ist auf vielfältigen emotionalen Ebenen vollständig in seinem Element. Eva O'Callaghan (Manolin) hat dennoch
Raum neben ihm, um mit kindlicher Bewunderung und erwachsenenreifer Sorge für Santiago in ihrer ausdrücklichen Darstellung weit über ihre jungen Jahre hinauszuwachsen. Ein Sahnetupfer: Die Stimme von Anna Zimmermann als anklagender, seiner grandiosen Schönheit beraubter und zum Skelett mutierter, verblichener Fisch.
Vorverkauf:
Bücherinsel und Dieter Baldo, Tel. 2905 oder E-Mail: d.baldo@gmx.de
Fotos: Frank Oßwald