Alkohol in der Schwangerschaft - Beeinträchtigungen fürs Leben
Alkohol während der
Schwangerschaft kann für das Ungeborene unerwünschte Folgen haben, die es sein
ganzes Leben beeinträchtigen können. Die Rede ist von FASD, der Fetalen
Alkoholspektrum-Störung. FASD ist die einzige Behinderung, die durch den
Verzicht auf Alkohol ab dem ersten Tag der Schwangerschaft vermeidbar ist. Gudrun
Pelzer, die kommunale Suchtbeauftragte des Landkreises Rastatt, hat mit einem
Pflegeelternpaar über den Alltag mit FASD-geschädigten Kindern gesprochen. Als sich die Webers (Name geändert)
vor mehreren Jahren dazu entschieden haben, die beiden Pflegekinder Emily und
Leni im Alter von einem und fünf Jahren aufzunehmen, war ihnen bewusst, dass es
nicht einfach werden würde. Dass beide Mädchen FASD haben und was das für die
Kinder, aber auch für die Familie, bedeutet, war ihnen nicht bekannt.
Diagnostiziert wurde bei den Mädchen anfänglich eine psychische Behinderung.
Bis zur Diagnose FASD war es ein weiter Weg. Beide Mädchen sind
unterschiedlich stark betroffen. Ohne eine Integrationsfachkraft hätte Leni
weder den Kindergarten noch die Schule besuchen können. Und auch das gelingt
nur mit Unterstützung von Medikamenten, berichtet der Pflegevater: "Wir hätten
gerne auf Medikamente verzichtet, sehen aber, dass Ritalin Leni hilft, sich wenigstens
zwei Stunden am Tag zu konzentrieren und im Unterricht mitzuarbeiten". Und auch
ihre Schreianfälle, bei denen sie vor Wut völlig außer sich gerät und sich
nicht mehr beruhigen lässt, werden medikamentös behandelt. "Mit Hilfe der
Medikamente hat Leni weniger Frusterlebnisse und erlebt weniger Ablehnung",
ergänzt die Pflegemutter. An der Intelligenz liege es nicht. Leni sei genauso
intelligent wie andere Kinder, es liege an der Erkrankung FASD, die nicht
heilbar ist. Die Webers unternehmen viel, um die Folgen von FASD für ihre
beiden Kinder durch Ergotherapie, Logopädie, Psychotherapie, Schulbegleitung
und vieles mehr abzufedern. Der Pflegevater gibt zu
verstehen, dass jeden Tag aufs Neue jeder einzelne Schritt besprochen werden
muss - vom Händewaschen bis hin zum Zähneputzen und das bei allem, was zu tun
ist. Dabei würden die Mädchen ständig versuchen, die Grenzen auszuloten und zu
überschreiten. Emily kann beispielsweise ihr Zimmer nicht aufräumen, schildert
Frau Weber. "Als ich gemerkt habe, dass es gar nicht daran liegt, dass sie nicht
will, sondern dass sie es nicht kann, weil ihr jegliche innere Struktur fehlt,
seitdem geht vieles leichter. Es klappt jetzt, wenn ich ihr Schritt für Schritt
sage, was sie machen soll." Die Mädchen brauchen eine eher
reizarme Umgebung. Dennoch wollen die Webers den beiden Pflegekindern ein
möglichst normales Leben bieten. "Wir sind sehr aktiv und gehen etwa regelmäßig
in den Zoo. Dadurch, dass die Mädchen den Zoo schon kennen, klappt es gut", bemerkt
die Pflegemutter. "Wenn wir jedoch auf den Jahrmarkt wollen, ist das deutlich
schwieriger. Wir müssen vorher ganz genau besprechen, was wir dort machen.
Wichtig ist, dass wir unseren Plan einhalten, weil sonst die Situation sehr
schnell eskalieren kann. Und eine Stunde ist dann auch genug." Ohne professionelle Hilfe und
Unterstützung von außen geht es nicht. Darin sind sich die Pflegeeltern einig.
Grenzen setzen, alles immer wieder besprechen zu müssen, den Lernstoff
wochenlang zu üben und dabei möglichst geduldig zu bleiben, erfordert viel
Kraft. "Und ohne unsere kleinen Auszeiten, sei es ein Kurzurlaub oder mal ein
Abend zu zweit, würden wir das nicht schaffen", räumt das Ehepaar Weber ein.
Sie haben sich ein soziales Umfeld mit Babysitter und Freunden aufbauen können,
die bereit sind, die Kinder abends oder auch mal eine Woche zu betreuen und zu
versorgen. Und sie tauschen sich mit anderen Eltern in ähnlicher Situation
regelmäßig aus. Der Alltag ist für Kinder und Pflegeeltern
nicht einfach. Daneben dürfe aber nicht vergessen werden, dass es äußerst
liebenswerte und hilfsbereite Mädchen seien, die einem manchmal zehn Mal am Tag
sagen würden, dass sie einen liebhaben. So gebe es viele schöne Momente. "Das
ist unsere Familie. So ist sie eben", sagt Frau Weber lachend. Ihr Ziel ist,
die Mädchen entsprechend ihren Fähigkeiten bei der Verselbständigung zu
begleiten. Bis die Pflegeeltern an dem
Punkt waren, an dem sie jetzt stehen, war Beharrlichkeit im Umgang mit Kita,
Schule, Ärzten und Ämtern nötig. Es fehle immer noch an Wissen über FASD. Schließlich
gehe um die Kinder, dass sie die Förderung erhalten, auf die sie ein Anrecht
haben und die ihnen zu einem möglichst eigenständigen Leben verhelfen könne. Weitere Informationen zu FASD erteilen
die kommunalen Suchtbeauftragten des Landkreises Rastatt, Gudrun Pelzer,
Telefon 07222/381-2114 und der Stadt Baden-Baden, Tim Failing, Telefon 07221/93-1445.