Die Linke im Kreistag Rastatt Halbzeitbilanz (Mai 2019 - Dezember
2021)
Bei der
Kommunalwahl im Mai 2019 trat Die Linke erstmals bei einer Kreistagswahl im LK
Rastatt an und errang einen Sitz im WK Bühl. Die
Legislaturperiode im Kreistag begann dann mit einem "Machtkampf hinter den Kulissen" wie die Regionalpresse
schrieb. Die Grünen hätten nämlich mit einer Zählgemeinschaft Linke/Grüne dank unserer Stimme bei der
Ausschusssitz-Vergabe statt bisher drei jeweils einen Sitz mehr bekommen und
die Freien Wähler (FW) einen weniger. Als "Gegenleistung" sollten wir einen den
Grünen zustehenden Sitz in einem der Ausschüsse erhalten. Dem stimmten wir
gerne zu, hat ja ein einzelner Parteivertreter ansonsten keine Chance, einen Ausschuss-Sitz
zu erlangen.
Doch die
Rechtmäßigkeit der Zählgemeinschaft wurde von den FW sofort infrage gestellt, sie
sogar drohten vor Gericht zu ziehen. Für den neu gewählten Landrat Toni Huber
hätte das einen denkbar schlechten Start seiner Amtszeit bedeutet, drohte doch
ein juristisches Tauziehen, das im schlimmsten
Fall damit geendet hätte, dass die Beschlüsse des Kreistages und der Ausschüsse
unter der neuen Konstellation hätten ungültig sein können. So bestand
schließlich der gefundene Kompromiss darin, dass mir sowohl die Grünen als auch
die FW einen Ausschusssitz abgaben! Ansonsten blieb alles beim alten, die
Zählgemeinschaft wurde begraben. Unterm Strich nur für uns ein positives
Ergebnis, mit dem anfangs nicht zu rechnen war.
So bin
ich, als ordentliches Mitglied sowohl im Abfallwirtschaftsausschuss
als auch im Sozialausschuss vertreten.
Unsere
erste politische Initiative im Kreistag war eine Resolution gegen
Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Intoleranz und Hetze auf dem Hintergrund
des Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen
Neonazi. Nach anfänglicher Zustimmung zogen die Grünen ihre Unterstützung
zurück, nachdem CDU und FW klargemacht hatten, dass sie diesen
"Multi-Kulti"-Antrag nicht mittragen könnten. Somit war die Initiative
gestorben, da ich als einzelner Kreisrat kein Antragsrecht habe und die Resolution
nicht zur Abstimmung gestellt wurde. Im Auftrag der Fraktionsvorsitzenden
verlas Landrat Huber in der Kreistagssitzung am 24.10.19 dann einen allgemein
gehaltenen "Appell gegen Gewalt in
jeglicher Form".
In
derselben Kreistagssitzung wurde auch die Schließung
der Krankenhäuser in Ebersteinburg und in Forbach abgesegnet, der Auftakt zu einem
beispiellosen Kahlschlag im
Gesundheitswesen der Region.
Fassbar
wurde dies im Mai 2020 mit der Veröffentlichung des aktiva-Strukturgutachten zum Klinikum Mittelbaden (KMB), in
dem einzig und allein die 1-Standort-Variante
präferiert wurde, d. h. die Schließung der drei noch bestehenden Krankenhäuser
Mittelbadens in Rastatt, BAD-Balg und Bühl zugunsten eines zentralen Neubaus.
Es war von Anfang an deutlich, dass alle großen Fraktionen im Kreistag die
1-Standort-Lösung bevorzugten, einzig Die Linke mobilisierte dagegen mit
Infoständen und Unterschriftensammlungen
für den Erhalt der Krankenhäuser. Die öffentliche Debatte zog sich dann bis
zum Februar 2021 hin, als mit nur wenigen Gegenstimmen die Zentralisierung auf
eine Klinik und die Schließung aller bestehenden Krankenhäuser durchgestimmt
wurde. Es war uns leider nicht gelungen, im Kampf für den Erhalt der Klinken
einflussreiche und zahlreiche aktive Mitstreiter*innen zu gewinnen. Die über 2.000 Unterstützungsunterschriften,
die wir auf den Marktplätzen und im Internet gesammelt hatten, konnten letzten
Endes keinen Stimmungsumschwung bei den Kreisräten bzw. Gemeinderäten in
Baden-Baden befördern. Auch unsere Forderung nach einem Bürgerentscheid in Sachen KMB wurde von den Befürwortern abgelehnt.
In Zeiten
von Corona und Klinikdebatte führten die Haushaltsberatungen
2021 nur ein Schattendasein. Eigentlich ist das Haushaltsrecht das
Königsrecht des Parlaments, aber die Haushaltsreden wurden nicht gehalten, die
Anträge der einzelnen Parteien nicht diskutiert. Unsere Anträge auf Verdoppelung der
Schulsozialarbeiter*innen-Stellen , die
Erhöhung der Honorare für Dozenten an der VHS LK Rastatt wurden ebenso
kommentarlos abgelehnt wie die geforderte Machbarkeitsstudie zur Verlängerung der S2 von Rh-Mörsch nach
Durmersheim bzw. die Verlängerung der S2
im Tiefgestade via Au,
Elchesheim-Illingen und Steinmauern nach Rastatt sowie die Einführung eines
landkreisweiten Sozialpasses. Zumindest
in Sachen Schulsozialarbeit hat sich mittlerweile doch etwas getan: Die
Stellenzahl wurde leicht angehoben. Und auch in punkto Sozialpass ist Bewegung
zu vermelden. Die FW haben die Initiative
zu einem landkreisweiten Angebot ergriffen, um die bestehenden
Regelungen in Rastatt, Bühl und Gaggenau auf Baden-Baden und den Landkreis
auszuweiten.
Das Jahr
2021 hatte auch einige unliebsame
Überraschungen zu bieten. Im April wartete die Landkreisverwaltung
angeblich im Einvernehmen mit den Fraktionsvorsitzenden mit dem Vorschlag auf,
die Geschäftsordnung des Kreistages
und der Ausschüsse dahingehend zu ändern, dass nur noch Fraktionen unbeschränktes Rederecht haben sollten,
einfache Mitglieder hingegen nur noch maximal 5 Minuten reden sollten. Das war
eindeutig gegen uns Linke gerichtet, da
wir als einzige Gruppierung über keinen Fraktionsstatus verfügen. Auf unseren
geharnischten Protest hin gegen diese drastische
Einschränkung demokratischer Mitwirkungsrechte nahm die Verwaltung dieses
Ansinnen wieder von der Tagesordnung.
Im Mai starb Landrat Toni Huber, nachdem er bereits lange Monate
krankheitshalber nicht mehr seiner Arbeit nachgehen konnte.
Mit Dr. Christian Dusch (CDU) wurde nun im
Oktober ein neuer Landrat gewählt, der offensichtlich bemüht ist, die in
einigen Punkten konfrontative Politik
der Landkreisverwaltung gegenüber
engagierten Bürger*innen in
ruhigeres Fahrwasser zu lenken. In allererster Linie betrifft das die
Auseinandersetzung um die Landkreisdeponie
Hintere Dollert , die nach 2020 vorgestellten Plänen durch eine PFC-Bauaushubdeponie auf bestehenden
stillgelegten Deponieteilen erweitert werden sollte. Nachdem nicht zuletzt
durch unsere Anfragen immer klarer wurde, welche immensen PFC- bzw. andere
toxische Altlasten bereits auf der
Hinteren Dollert lagern und die Bürgerinitiative
Stop Deponie Oberweier mächtig
dagegen mobilisiert hatte, wurde diese Panung im Juli d.J. beerdigt und
stattdessen eine umfassende
Altlastenuntersuchung der gesamten Deponie beschlossen. In diesem
Zusammenhang erzielten wir unseren bisher einzigen Abstimmungserfolg in einem Ausschuss, Unser Antrag auf
Berücksichtigung der BI Oberweier
bei der Auswahlkommission zur Bestellung
der Gutachter*innen für die
Altlasten-Untersuchung wurde mit den Stimmen von Grünen, SPD und FW angenommen.
Im Falle
Deponie Oberweier hat praktisch der Druck aus der Bevölkerung zu einer diametralen Kurskorrektur der Politik
des Landratsamtes geführt. Dass wir mit Anfragen und Anträgen im Kreistag und
dem Abfallwirtschaftsausschuss dazu beitragen konnten, ist ein Erfolg, der die Sinnhaftigkeit von Oppositionsarbeit im Kreistag unter
Beweis stellt.
Wir haben
nur eng begrenzte Möglichkeiten, linken Vorstellungen zum Durchbruch zu
verhelfen. Unsere allererste Aufgabe besteht deshalb darin, in sozialen und
ökologischen Belangen den Finger in die Wunde zu legen und unverdrossen die sozial-ökologische Wende im Interesse des Gemeinwohls und der
ärmeren, benachteiligten Teile unserer
Gesellschaft einzuklagen.
Als
nächstes stehen die Haushaltsberatungen
2022 an. Der neue Landrat Dr. Dusch hat den Haushalt22 in der letzten KT-Sitzung am 14.12.21
eingebracht, die HH-Beratungen finden nun am 22.02.22 statt.
Hier
werden aus unserer Sicht wieder einmal u.a. die Themen Sozialpass ("Mittelbaden-Pass mit Mobilitätspass")
sowie der ÖPNV mit der S2-Verlängerung
nach Durmersheim auf der Agenda stehen.
Über
weitere Anregungen und Vorschläge für HH- und sonstige Anträge bin ich dankbar.
In diesem Sinne
wünsche ich allen ein gesundes, glückliches und solidarisches 2022.