Die Linke OV Durmersheim
Bericht aus dem Kreistag des Landkreises Rastatt
Linke kritisiert geplante Einschränkung des Rederechts im Kreistag
Defizitäres Demokratieverständnis/ Demokratie stirbt scheibchenweise
Die Linke im Kreistag kritisiert die geplante drastische Beschränkung des Rederechts für "einfache" Kreistagsmitglieder und Gruppierungen, die nicht über den Fraktionsstatus verfügen. Nach dem Plan der Landkreisverwaltung und der Fraktionsvorsitzenden sollen durch eine Änderung der Geschäftsordnung (GO) künftig bei Sitzungen des Kreistages und seiner Ausschüsse nur "Sprechende der Fraktionen" ein freies unbegrenztes Rederecht haben. Für Nicht-Fraktionen und Einzelmitglieder soll die Redezeit maximal 5 Minuten betragen. Die Linke im Kreistag ist die einzige politische Gruppierung, die nicht über den Fraktionsstatus verfügt, da sie nur mit einem Abgeordneten vertreten ist. "Das ist eine klare Einschränkung unserer Partizipationsmöglichkeiten und offenbart ein stark defizitäres Demokratieverständnis der Betreiber dieser GO-Änderung", erklärte der Kreisrat der Linken Dieter Balle.
Die GO-Änderung soll am 20.04.21 im Verwaltungs- und Finanzausschuss vorberaten und am 18. Mai im Kreistag verabschiedet werden.
Laut Die Linke gibt es keinerlei sachliche Gründe für die Einschränkung der Redezeit, aber sehr wohl politische. Es passt wohl weder der Verwaltung noch den Mehrheitsfraktionen im Kreistag, dass gerade Die Linke oftmals als einzige öffentlich oppositionelle Positionen zum Mehrheitskonsens im Kreistag einnimmt, zum Beispiel bei der Frage der Schließung der Krankenhäuser und anderer wichtiger Fragen.
"Durch die Beschränkung des Rederechts auf 5 Minuten würde es in Zukunft schwierig bis unmöglich, eigene Positionen in wichtigen komplexen Fragen im Detail umfassend zu behandeln und darzustellen. Das kommt einer drastischen Einschränkung unserer politischen Äußerungsmöglichkeiten im Kreistag gleich, während die anderen Fraktionsvertreter*innen zeitlich unbegrenzt argumentieren können. Die politische Oppositionsarbeit soll dadurch wenn nicht mundttot, so doch stark behindert werden", so Balle.
Die Linke im Kreistag ruft deshalb die "einfachen" Kreistagsmitglieder aller Fraktionen auf, dieser auch sie einschränkenden Regelung nicht zuzustimmen.
In einem Brief an Landrat Huber und seinen Stellvertreter Dr.Peter sowie die Fraktionsvorsitzenden fordert Die Linke , die GO-Änderung ad acta zu legen (s. u.). ***
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Durmersheim, 16.04.21
Die Linke im Kreistag des Landkreises Rastatt
Kreisrat Dieter Balle
76448 Durmersheim
An
Herrn Landrat Toni Huber
Herrn Dr. Jörg Peter, Stellvertreter des Landrats
die Sprecher*innen der Fraktionen CDU, FW,Grüne, FDP/FuR
Änderung der Geschäftsordnung des Kreistages und seiner Ausschüsse
hier: Vorlage für den Ausschuss für Verwaltung und Finanzen,Sitzung am 20.04.21, TOP 5
Sehr geehrter Herr Landrat Huber, sehr geehrter Herr Dr. Peter,
sehr geehrte Damen und Herren Fraktionsvorsitzende,
laut Ihrer gemeinsamen Beratung und Beschlussvorlage soll die Geschäftsordnung des Kreistages und seiner Ausschüsse dergestalt geändert werden, dass eine unbegrenzte Redezeit nur noch für Fraktionen gestattet sein soll. Die Redezeit der Einzelmitglieder bzw. Gruppierungen, die nicht den Fraktionsstatus innehaben, soll nunmehr auf 5 Minuten begrenzt werden. Da Die Linke in diesem Kreistag die einzige Gruppierung ist, die den Fraktionsstatus nicht innehat, richtet sich diese Beschränkung vorrangig gegen sie und schränkt ihre Partizipationsrechte drastisch ein.
Redezeitbegrenzungen in Parlamenten können angebracht sein, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind und alle Parteien und Gruppierungen im Parlament gleichermaßen betreffen bzw. im Konsens getroffen werden. Für die hier geplante Redezeitbeschränkung gibt es jedoch offensichtlich keinen sachlichen Grund, da die Beratungen der Ausschüsse und des Kreistages bis dato weder durch überlange Reden noch durch sonstigen Missbrauch des Rederechts Einzelner Schaden genommen oder Anlass zu Klage oder zum Handeln gegeben haben.
Demgegenüber gibt es aus Ihrer Sicht wohl politische Gründe. Es ist der Öffentlichkeit nicht verborgen geblieben, dass bei vielen wichtigen Fragen Die Linke mehr oder weniger alleine oppositionelle Positionen zum Mainstream im Kreistag einnimmt, so geschehen in der Frage der Schließung der Krankenhäuser in Mittelbaden oder etwa, was die PFC-Altlasten-Problematik auf der Kreismülldeponie Oberweier angeht.
Ihr Ärger mag durchaus nachvollziehbar sein, aber ich möchte Sie darauf hinweisen, dass politische Meinungsunterschiede nicht zum Anlass genommen werden dürfen, durch administrative Maßnahmen die Partizipations- und Mitwirkungsmöglichkeiten gewählter Abgeordneter einzuschränken.
Wie Sie sicher wissen, ist die freie Rede eine Basiskonstituante aller demokratisch verfassten Gesellschaften. Gerade in Zeiten, in denen Grund- und Bürgerrechte in Gefahr sind, mit leichter Hand abserviert zu werden, ist es umso wichtiger, wachsam den demokratischen herrschaftsfreien Diskurs zu verteidigen.
Die Demokratie stirbt ansonsten scheibchenweise. "Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden", hat Rosa Luxemburg gesagt. Daran sollten wir uns alle messen lassen.
In diesem Geiste bitte ich Sie, die Änderung der Geschäftsordnung ad acta zu legen und weiter mit Argumenten und nicht mit Einschränkungen für Andersdenkende die Politik in unserem Landkreis im Interesse seiner Bewohner*innen zu gestalten .
Mit demokratiefreundlichen Grüßen
Dieter Balle