Einmal Karlsruhe und zurück mit dem Lobberle
Bis 1955 stand auf
dem Platz des heutigen Durmersheimer Rathauses an der Speyerer Straße das
ehemalige Bahnhofsgebäude der alten Kleinbahn Durmersheim-Karlsruhe-Spöck
(1890 - 1937), die liebevoll auch "Lobberle" genannt wurde.
Am 6. Oktober
1890 fuhr der erste Zug der 1-Meter-Schmalspurbahn hinter einer kleinen
Dampflok von Karlsruhe nach Durmersheim und zurück und verband Durmersheim und seine
westlichen Nachbardörfer Au, Elchesheim, Illingen und Würmersheim direkt mit
Karlsruhe.
Das
fortschrittsfreundliche Großherzogtum Baden hatte bereits 1843, nur 8 Jahre
nach der ersten deutschen Eisenbahnfahrt Nürnberg-Fürth am 07.12.1835, die Bahnlinie
Heidelberg-Karlsruhe eröffnet. Diese wurde am 1. April 1844 über Ettlingen,
Malsch und Muggensturm nach Rastatt verlängert.
Dieses Vorhaben weckte
auch in Durmersheim und in den anderen Hardtgemeinden nördlich und südlich von
Karlsruhe, die nicht an der Reichsbahnlinie lagen, großes Interesse. Sie wünschten
ebenfalls eine direkte Verbindung nach Karlsruhe. Die Stadt Karlsruhe
unterstützte dieses Ansinnen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Sie sah
darin eine optimale Verbindungsmöglichkeit für die aus den Umlandgemeinden kommenden
Arbeitskräfte der wachsenden Karlsruher Industrie.
Erstmals wurde auf
einer Bürgerversammlung in Hagsfeld am 11. Februar 1883 eine Verbindung der
nördlichen Hardt mit Karlsruhe angesprochen. Auch in Durmersheim drängte man daraufhin
auf einen günstigen Anschluss nach Karlsruhe.
Ein erster privater
Versuch mit einer Pferdeomnibuslinie
1885 musste nach wenigen Monaten beendet werden. Das spornte das Wunschdenken
der betroffenen Gemeinden aber noch mehr an.
Geplant
war eine Verbindung der südlichen Hardtgemeinden Forchheim, Mörsch,
Durmersheim, Bietigheim und Ötigheim mit der Landeshauptstadt Karlsruhe, von wo
aus gleichzeitig auch der Anschluss zu den im Norden liegenden Gemeinden
Hagsfeld, Büchig, Blankenloch, Stutensee, Friedrichstal und Spöck entstehen
sollte.
1888
konnte für die Finanzierung das Badische Eisenbahn-Konsortium
(Generalunternehmer Fa. Bachstein, Berlin - Bank für Handel und Gewerbe,
Darmstadt - Rheinische Kreditbank, Mannheim - Fa. Ladenburg & Söhne,
Mannheim) gewonnen werden. Diesem wurde dann am 11. Dezember 1888 der Auftrag
für den Bau der Kleinbahnlinie Spöck - Karlsruhe - Durmersheim durch die Firma
Bachstein aus Berlin übertragen.
Ein
Wermutstropfen war allerdings doch dabei: Die Gemeinden Bietigheim und Ötigheim
konnten von einer Beteiligung nicht überzeugt werden. Da auch sie das
notwendige Gelände kostenlos abtreten sollten, stellten sie ihre Mitarbeit ein.
Für die Geländeabtretung wurde vertraglich geregelt, dass der Boden im Falle
einer Nichtnutzung oder Einstellung des Betriebes wieder an die Gemeinden
zurückzugeben sei. Weitere Bedingung war, dass alle Gemeinden erst
Konzessionsabgaben erhalten, wenn die Bahn Gewinn abwerfen würde.
1889/90
wurde der Bau der Ein-Meter-Schmalspurstrecke ausgeführt. Sie war insgesamt 31
km lang, zwischen Durmersheim und Karlsruhe 15,8 km.
Es war
ein großer Festtag, als am Mittwoch, 6. Oktober 1890 die Strecke
Durmersheim-Karlsruhe feierlich in Betrieb ging. Die Schuljugend aus
Durmersheim und Würmersheim hatte schulfrei und durfte beim ersten Mal umsonst
mitfahren. Am Abend wurde im Gasthaus "Zum Hirsch" in Durmersheim gefeiert.
Dabei wurden sicher auch große patriotische Reden über die neue Bahn und Kaiser
und Großherzog gehalten.
Der
Verlauf der Strecke ist noch bis heute im Ortsbild von Durmersheim, Mörsch und
Forchheim deutlich zu erkennen. Die Schienen verliefen vom damaligen Lokalbahnhof
Durmersheim durch die noch unbebaute Speyerer Straße vorbei am Gasthaus Lamm und
entlang der Landstraße, heute B 36, durch Mörsch und Forchheim. Von dort aus
führte der Weg nach Grünwinkel und durch die Kriegstraße zum "Staatsbahnhof"
(Hauptbahnhof) Karlsruhe, der damals beim heutigen Staatstheater lag.
1930
wurde die Strecke modernisiert und elektrifiziert und endete ab 1932 für die
Durmersheimer Strecke beim Gasthaus "Kühler Krug".
Und warum gibt es das
Lobberle heute nicht mehr?
Als am 1. Mai 1895 die zweigleisige "Strategische Bahnlinie" Karlsruhe-Durmersheim-Rastatt-Röschwoog
über die neue Wintersdorfer Rheinbrücke ins seit 1871 wieder deutsche Elsass eröffnet
wurde, machte die Lokalbahn zunehmend schwere Verluste durch diese schnellere Konkurrenzlinie
der Deutschen Reichsbahn. Zwar stieg während des Ersten Weltkrieges die Zahl
der Fahrgäste wieder an, u.a. weil viele Stadtmenschen zum Hamstern aufs Land
fuhren.
1915 übernahm
die Stadt Karlsruhe die Kleinbahn für fast 2 Mio. RM, musste aber immer höhere
Zuschüsse leisten Deshalb schloss man 1922 wegen Unrentabilität zunächst den
Nordteil der Linie nach Spöck.
Zwischen
Durmersheim und Karlsruhe zottelte das "Lobberle" aber weiter dahin,
jetzt mit dunkelgrünem Anstrich und der Aufschrift "Karlsruher
Lokalbahnen". Nachdem auch der Umbau 1930 zur "Elektrischen" das
Geschäft nicht belebte und in diesen wirtschaftlich schlechten Jahren sowohl
der Residenzstadt als auch den Dörfern das nötige Geld fehlte, fuhr am 26.
April 1936 die letzte Bahn von Durmersheim nach Mörsch. Die Verbindung Mörsch -
Karlsruhe wurde am 14. August 1937 mit dem letzten Zug um 23.19 Uhr
eingestellt. So endete nach 47 Jahren die "Laufzeit" des Lobberle
Für den
Arbeiterverkehr wurde anschließend eine Omnibuslinie der Reichspost
eingerichtet.
Das
Lobberle ist in Durmersheim bis heute in guter Erinnerung geblieben. Die
älteren Leute erzählten früher grinsend von ihren Erlebnissen, wenn manchmal Hühner
oder Kühe die Gleise blockierten, wenn sie zum Pinkeln vom langsam fahrenden Bähnle
ins Gebüsch eilten und dann wieder hinterher spurteten oder auch davon, dass
sich im Lobberle so manche Hochzeit über Ortsgrenzen hinweg anbahnte. Und da in
den Waggons, aus Spargründen auch in der "Elektrischen", nur vier
Kerzen leuchteten, wurde abends in den dunklen Zugabteilen mancherlei Schabernack
getrieben.
Das
Betriebsgelände in Durmersheim zwischen Altem Kino und Altem Friedhof wurde
1937 abgebaut, nur der ehemalige Lokalbahnhof blieb bis zum August 1955 stehen.
Dann musste er dem Neubau des Rathauses weichen.
1991
diskutierte man in Durmersheim über eine Verlängerung der S2-Linie von
Rheinstetten-Mörsch nach Durmersheim. Auch da tauchte die Erinnerung an alte
Zeiten wieder auf, doch eine Mehrheit im Gemeinderat sprach sich gegen das
Projekt aus. Zur Zeit scheint das Vorhaben aber erneut ins Gespräch zu kommen.
Die Zukunft wird zeigen, ob vielleicht doch mal wieder ein modernes "gelb-rotes
Stadtbahn-Lobberle" auf der alten Trasse durch den Ort fahren kann.
www.ak-heimatpflege-durmersheim.de