"ReduFix"-Initiative zur Reduzierung von freiheitsentziehenden Maßnahmen in Pflegeheimen
"Bettseitenteile,
Bauchgurte, Sitzhosen, Stecktische" - all das soll in den stationären
Pflegeeinrichtungen im Landkreis Rastatt bald weitestgehend der Vergangenheit
angehören. Was früher gängige Instrumente waren, um Bewohner mit Weglauftendenz
oder Verwirrtheit am Verlassen von Bett oder Zimmer zu hindern, wurde in den
letzten Jahren mehr und mehr hinterfragt und hat zu einem Paradigmenwechsel in
der Pflege geführt.
"Die
mediale Auseinandersetzung und die öffentliche Diskussion über Freiheitsrechte
von Heimbewohnern haben diese Entwicklung deutlich befördert und besonders die
Kehrseite der Medaille in den Fokus gerückt", resümiert Vera Unser, die Sachgebietsleiterin
Heimaufsicht im Landratsamt.
Freiheitsentziehende
Maßnahmen fördern den Muskelabbau, erhöhen das Sturzrisiko und führen zu
Depressionen oder anderen schwerwiegenden medizinischen Komplikationen, die die
Lebensqualität und den Allgemeinzustand von Heimbewohnern drastisch
verschlechtern, wie bundesweite wissenschaftliche Studien zur Pflegesituation
stationär untergebrachter Heimbewohner belegen.
Aufgrund
dieser Erkenntnisse plant die Heimaufsichtsbehörde zusammen mit der Betreuungsbehörde
eine großangelegte "ReduFix-Initiative", die am 15. Juli mit einer Auftaktveranstaltung
für Pflegekräfte, Leitungspersonal, Amtsrichter und gesetzliche Betreuer
starten soll. Einer der Impulsgeber ist dabei Professor Dr. Thomas Klie, Leiter
der Forschungsinstitute "Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung" und
"AGP Sozialforschung" an der Evangelischen Hochschule in Freiburg. Bei der
Veranstaltung werden auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Einsatz von
freiheitsentziehenden und -einschränkenden Maßnahmen beleuchtet, Alternativen
aufgezeigt und regionale Kooperationen vorgestellt.
"Wir freuen
uns auf einen regen fachlichen Austausch und sind sicher, dass diese neuen
Impulse in unseren stationären Einrichtungen Einzug finden und bei weiteren
hausinternen Schulungen vertieft werden", so Jürgen Ernst und Sébastien Oser, die
zuständigen Amtsleiter der Betreuungs- und Heimaufsichtsbehörden in der
Landkreisverwaltung.
Mit Blick
auf die erfolgreiche Initiative in Baden-Baden, wo die Anzahl der freiheitsentziehenden
Maßnahmen von 124 auf 3 reduziert werden konnten, wünschen sich beide auch für
den Landkreis Rastatt eine ähnliche positive Entwicklung und damit eine
deutliche Verbesserung der Pflege- und Betreuungsqualität für die Heimbewohner.